Versión Castellana: Tren Maya Made in Germany – La investigación (ES) 2021
English Version: Research: Tren “Maya” Made in Germany (EN) 2021
Eine Recherche zur Beteiligung deutscher Unternehmen am Tren Maya
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- Tren Maya – Made in Germany – Die gesamte Recherche – (DE) 2022
- Tren Maya – Made in Germany – Kurzversion und Zusammenfassung / Flyer – (DE)
- Pressemitteilung 2022: Das Inkrafttreten des ILO-169-Abkommens und die Beteiligung der Deutschen Bahn am Tren „Maya“
- Kritik der UN am Tren Maya (2022)
- Vollständiges Interview Sergio Prieto Díaz Recherche AG Deutsch (2022)
- Pressemitteilung 2021 Tren Maya Made in Germany – Die Deutsche Bahn und der Zug der Zerstörung (DE)
Infrastrukturprojekte bedeuten Fortschritt und Entwicklung, so der offizielle Diskurs. Dabei erscheint das Bahn- und Autobahnprojekt „Tren Maya“ nur auf den allerersten Blick wie ein harmloses Vorhaben der mexikanischen Regierung: Auf über 1.500 Kilometern soll die neue Strecke fünf Bundesstaaten verbinden. Politik und Unternehmen versprechen Arbeitsplätze, einen Anstieg des Tourismus und gar den Weg in die Moderne. Tatsächlich bedeutet das Megaprojekt die Zerstörung der letzten Regenwälder Südmexikos, die Missachtung der Rechte der indigenen Bevölkerung, Landnahme- und Vertreibung sowie eine zusätzliche Militarisierung in einer der konfliktreichsten Regionen des Landes. Dem gegenüber erhoffen sich einige Wenige große Gewinne und treiben die Verwirklichung des „Tren Maya“ ungebremst voran. Auch deutsches Kapital und deutsche Unternehmen sind in die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme involviert. Die Recherche nimmt die Reise der Zapatistas* durch Europa zum Anlass, nach einer Beschreibung der Konsequenzen des Projekts die Beteiligung der DB Consulting & Engineering, das Interesse von Siemens und TÜV Rheinland sowie den Zusammenhang zu deutschen Rüstungskonzernen aufzuzeigen. Am Schluss steht eine Vorstellung des Widerstands gegen das Projekt und ein Interview mit Dr. Sergio P. Díaz, der das Projekt als Forscher an der Universität Campeche seit Jahren vor Ort beobachtet und dessen geopolitische Dimension untersucht. Er betont: „Der größte Fehler besteht darin, den `Maya Zug´ nur als Zug zu betrachten.“
Zusammenfassung der Recherche
Allgemeines
Der sogenannte „Maya Zug“ (Tren Maya) ist ein Infrastrukturprojekt im Südosten Mexikos, welches eine 1.500 Kilometer lange Strecke von Palenque bis Cancún umfassen wird und damit die Bundesstaaten Chiapas, Tabasco, Campeche, Yucatan und Quintana Roo verbindet. Es soll angeblich die (lokale) Wirtschaft und den Tourismus fördern und ca. 150 Milliarden Pesos (über 6 Milliarden Euro) kosten. Gleichzeitig wird der Tren Maya vom Ausbau der Autobahninfrastruktur begleitet. Allein, dass dieses und weitere Megaprojekte unter Führung der mexikanischen Armee stehen soll, lässt auf beunruhigende Motive hinter dem Tren Maya schließen. Die katastrophalen Auswirkungen für Mensch und Natur werden seit jeher verschwiegen.
Umweltzerstörung
Das Ausmaß der Umweltzerstörung lässt sich für das riesige Gebiet kaum vollständig darstellen. „Studien kommen zu dem Schluss, dass der Maya-Zug zur Degradierung, Fragmentierung und Abholzung von dreiundzwanzig Naturschutzgebieten führen wird, darunter [UNESCO]Welterbestätten“, so Greenpeace Mexiko. Allein für den ersten Bauabschnitt sollen 11 Millionen Bäume gerodet werden. Unterwasser-Höhlensysteme mit kultureller Bedeutung für die indigene Bevölkerung sind durch den Bau gefährdet – während von den dortigen Wasserströmen andere Ökosysteme abhängig sind. Zudem sind die größten Grundwasservorkommen des Landes bedroht. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurde mit Mängeln und ohne den Einbezug der indigenen Völker durchgeführt:
Missachtung indigener Rechte und Bedrohung von Aktivistinnen*
„Der Konsultationsprozess der indigenen Bevölkerung zum Maya-Zug hat nicht alle internationalen Menschenrechtsstandards erfüllt“, so das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte. „Die [Konsultationsprozesse werden] oft in Kontexten von Bedrohungen, Kriminalisierung und Schikanen durchgeführt, was ihren freien Charakter untergräbt“, betont das UN-Komitee gegen Rassendiskriminierung.
Gleichzeitig begeben sich Aktivistinnen, die sich dem Projekt gegenüber negativ äußern, in Lebensgefahr. Die, die sich gegen den Tren Maya aussprachen, erhielten Morddrohungen, berichtet die NGO Front Line Defenders. Allein im vergangenen Jahr wurden in Mexiko dreiundzwanzig Menschenrechts- und Landverteidigerinnen getötet. Mexiko ist somit eines der gefährlichsten Länder für Aktivistinnen*.
Militarisierung und Migration
Die mexikanische Armee soll einen Großteil des Tren Maya verwalten und zudem Gewinne aus dem Projekt erhalten. Gleichzeitig bedeutet diese Übertragung von Befugnissen an die Streitkräfte die weitere Militarisierung einer der konfliktreichsten Regionen des Landes: Im südlichen Bundesstaat Chiapas führt die mexikanische Armee seit Jahren einen Krieg „niederer Intensität“ gegen die autonomen Gemeinden der Zapatistas.1 Auch das immer aggressivere Vorgehen der mexikanischen Regierung gegen Geflüchtete aus ganz Mittelamerika, ausgeführt durch das Militär, ist mit dem Projekt eng verflochten: „Stellt man die verschiedenen Megaprojekte und Infrastrukturvorhaben auf der Landkarte dar, sieht man, dass sie Bausteine für eine ‚Migrant*innensperre‘ sind, mit der man die geopolitischen Interessen der USA bedienen will“, meint Dr. Sergio Prieto Díaz, Dozent am Colegio ECOSUR.“
Urbanisierung und Öffnung für (globales) Kapital:
Das Projekt ist das Einfallstor für Militär, Staat und Kapital und droht, die bisherige, auf Subsistenzwirtschaft und Gemeineigentum beruhende Lebensweise und Kultur der betroffenen Bevölkerung nachhaltig zu zerstören.
DB Consulting & Engineering – Schattenbetreiber
Als sogenannter Shadow Operator ist das Tochterunternehmen der DB u.a. in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, China, Brasilien oder Kolumbien aktiv. In Mexiko hat sich die DB als Teil eines Konsortiums mit zwei weiteren staatlichen Unternehmen aus Spanien den Zuschlag für die Begleitung und Beratung des Projekts gesichert. „FONATUR, [die Behörde] des mexikanischen Ministeriums für Tourismus, [hat] die DB Engineering & Consulting GmbH mit der Beratung zu eisenbahnbetrieblichen Entscheidungen innerhalb des Projekts „Tren Maya“ beauftragt. […] Der Vertrag wurde zum 1. Dezember 2020 geschlossen und läuft bis Dezember 2023. Er umfasst eine Auftragssumme von 8,6 Millionen Euro.“, bestätigte der parlamentarische Staatssekretär Ferlemann.
Dass über die Beteiligung von Seiten der DB zumindest in Deutschland kaum ein Wort verloren wird, mag mit dem grünen Image und der klimafreundlichen Außendarstellung der DB zusammenhängen. Während seit 2019 der rote Streifen der bekannten ICE Züge um einen grünen Streifen ergänzt worden ist, erweist sich die Klima- und Umweltfreundlichkeit als Lüge und koloniale Auslagerung: Ein Viertel des gesamtdeutschen Bahnstroms wird aus dem Kohlekraftwerk Datteln IV geliefert. Dort wird Kohle aus Kolumbien verbrannt, wo Menschen vertrieben und ermordet werden, um die „Blutkohle“ abbauen und exportieren zu können. Wenn die DB „offiziell“ Ökostrom verbraucht, handelt es sich um erkaufte Zertifikate – nur eine weitere Facette in der enormen Greenwashing-Welt der DB.
SIEMENS Mobility – Es wäre ein Privileg, Teil des Tren Maya zu werden
SIEMENS hat bereits 2018 eine Beteiligung am Tren Maya-Projekt angeboten, von der Energieerzeugung und -übertragung, über Elektrifizierung, Signaltechnik und Automatisierung bis zu den Zügen an sich. Das Interesse besteht auch 2021 – und trotz erster Zuschläge für das französische Unternehmen Alstom – weiterhin. Im März 2021 wurde über Änderungen im Ausschreibeverfahren (vorgenommen durch die mexikanische Tourismusbehörde FONATUR) berichtet. Mehrere internationale Konzerne, die sich offenbar Zuschläge für weitere Abschnitte sichern möchten, baten daraufhin die Behörde, die Abgabefrist für die Einreichung der erforderlichen Unterlagen im Ausschreibungs-Prozess zu verlängern, da die Frist von drei Monaten unmöglich einzuhalten sei – darunter SIEMENS.
TÜV Rheinland – Zertifikate des Elends
Genau wie SIEMENS hat auch das deutsche Unternehmen TÜV Rheinland bereits 2018 Interesse am Tren Maya-Projekt gezeigt und eine Beteiligung bereits angeboten, bevor konkretere Pläne oder Studien etwa zu den Umweltproblematiken vorlagen. Die Aufgaben, für die der TÜV Rheinland im Tren Maya-Projekt zur Verfügung steht, wirken dabei ähnlich umfangreich wie bei der DB oder SIEMENS: Die Direktorin der Geschäftsentwicklung von TÜV Rheinland Rail Mexiko, Sandra Alamo „[sagte] [2018], dass sie [der TÜV] von der Vorkonzeption des Projekts, der Vormachbarkeit, der Durchführbarkeit, der Entwicklung von Materialien und allem, was notwendig ist, bis hin zur Prüfung und Ausführung der Arbeiten teilnehmen können.“ Der „Technische Überwachungsdienst“ hat in Mexiko ähnliche Aufgaben für die Metrolinie 12 in Mexiko-Stadt übernommen, die im Mai 2021 einstürzte. Dabei kamen über 20 Menschen ums Leben. Auch außerhalb Mexikos nimmt der TÜV fragwürdige Überprüfungen vor. Bei einem Staudammbruch in Brasilien starben über 250 Personen, nachdem der TÜV Süd den Damm für sicher erklärt hatte.
Die deutsche Rüstungsindustrie und der Tren Maya
Bei einer Darstellung der Beteiligung deutscher Unternehmen am Tren Maya-Projekt darf man Akteure, die nur auf den ersten Blick nichts mit dem Projekt zu tun haben, nicht vergessen. Die mexikanischen Streitkräfte, welche das gesamte Infrastrukturprojekt verwalten und die Gewinne erhalten sollen, sind ein häufiger Kunde bei europäischen, und insbesondere auch bei deutschen Rüstungsunternehmen. Obwohl Konzerne wie Heckler & Koch in illegale Waffengeschäfte mit Mexiko verwickelt sind, genehmigte die deutsche Bundesregierung auch im vergangenen Jahr Rüstungsexporte in das Land. Ein Großteil der deutschen Waffen gelangen in besonders stark militarisierte Regionen, so nach Chiapas, wo das Militär in vielen Basen rund um die Autonomiegebiete der Zapatistas präsent ist.
Das ILO 169 Abkommen
Die Konvention Nr. 169 der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) der UN ist das einzige internationale Rechtssystem zum Schutz indigener Rechte. Herzstück der ILO-Konvention 169 sind die Konsultations- und Partizipationsverfahren, um Beteiligung und Mitsprache indigener Völker an Projekten zu gewährleisten, die sie betreffen. Deutschland hat am 15. April 2021 nach Jahrzehnten das Abkommen ratifiziert. Da es sich bei der Deutschen Bahn um ein staatliches Unternehmen handelt, fordern wird die konsequente Umsetzung des ILO Abkommens und damit einen Ausstieg der DB und ihrer Tochterfirmen aus dem Tren Maya – Vorhaben!
Lasst uns gemeinsam handeln. Bleibt auf dem Laufenden.
#TrenMayaStoppen
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