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Solidarität mit den Vertriebenen im Hochland von Chiapas!

Seit dem am 24. und 25. November mindestens 5323 Menschen in den Regionen Chalchihuitán und Chenalhó gewaltsamen vertrieben wurden spitzt sich die Lage im Hochland von Chiapas (Altos de Chiapas) weiter zu. Dies berichtet eine Beobachtungs- und Dokumentationsmission zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Chiapas, die am 9. und 10. Dezember Interviews mit vertriebenen Familien und Gemeindebehörden führte.
Die Vertreibung erfolgte durch bewaffnete Milizen, die laut Zeugenaussagen im gesamten Gebiet offen operieren. Die betroffene Region ist bekannt für ihre anhaltende Straflosigkeit, massive Menschenrechtsverletzungen und einen staatlichen Schutz für Paramilitärs.

 

Etwa 3000 Vertriebene flüchteten in die Landkreishauptstadt Chalchihuitán. Dort nahmen bewaffnete Milizen einige der Vertriebenen fest und zerstörten die Zufahrtsstraße. Ungefähr 2000 weitere Vertriebene flüchteten in die Berge. Auch hier verhindern Straßenblockaden, dass die Menschen zurück kehren oder weiter fliehen können. Unter den Geflohenen befinden sich viele Kinder, Neugeborene, Frauen* und alte Menschen, alle gehören der Bevölkerungsgruppe der Tsotsiles an. Mindestens 114 Frauen* sind schwanger.

 

Derzeit liegen die Temperaturen in der Region rund um den Gefrierpunkt, was das Überleben in den improvisierten Unterkünften in den Bergen extrem erschwert. Die Dokumentationsmission berichtet von zahlreichen Menschen, die keine den Temperaturen angemessene Kleidung haben und warnt ausdrücklich vor der akuten humanitären Krise in der Region. Viele Menschen erkranken an den Folgen von Hunger und Kälte, es gibt keinerlei Medikamente und viel zu wenig Nahrung. Die von staatlicher Seite gestellten Lebensmittel entsprechen so wenig den Essgewohnheiten der Vertriebenen, dass sie zu Verdauungsproblemen führen und das Überleben zusätzlich erschweren. Die Vertriebenen benötigen dringend gesunde Lebensmittel, Medikamente und medizinische Versorgung.

 

Laut einem Bericht der mexikanischen Tageszeitung „La Jornada“ sind bereits vier Kinder und zwei Erwachsene an Hunger und Kälte gestorben. Maura Pérez Luna starb als sie ein Jahre alt war. Adriana de Jesús Pérez Pérez war zweieinhalb Jahre alt. Sie starb bereits am 30. November.
In einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung der zuständigen Behörden heißt es allerdings, ihnen wären keine Todesfälle bekannt. Stattdessen würden die Betroffenen mittlerweile wieder in ihre Dörfer zurückkehren. Dies wurde jedoch von den Sprechern der Vertriebenen vehement dementiert. Sie verwiesen auf die nach wie vor existierenden Straßenblockaden und einer Unmöglichkeit der Rückkehr in ihre Gemeinden. Auch die staatlichen Hilfsbrigaden seien nicht wirklich von Hilfe, da sie lediglich bis zur Landkreishauptstadt führen und keine Medikamente mit führten.
Die Regierung spricht nun davon, dass sie zur Lösung des Konfliktes ein Militärcamp in der Region eröffnen wollen, was von zivilgesellschaftlichen Organisationen scharf kritisiert wurde. Als am 4. Dezember eine Delegation von Vetreter*innen der Vertriebenen in die Landeshauptstadt Tuxtla Gutiérrez fuhr, um sich für einen anderen Lösungsweg des Konfliktes stark zu machen, wurden sie verhaftet.

Die Beobachtungsmission konnte durch verschiedene Zeugenaussagen und Interviews die Existenz bewaffneter Gruppen nachweisen, die in der Region und insbesondere in Chenalhó, offen operieren. Laut Zeugenaussagen werden ihre Tätigkeit von den Behörden von Chiapas und der Bundesregierung genehmigt. Weiter spricht die Beobachtungsmission von einem allgemeinen Klima des Terrors, welches die bewaffneten Gruppierungen der gesamten Bevölkerung der Region aufzwängen. Dafür machen sie den Staat auf Grund seiner allgemeinen Politik der Straflosigkeit verantwortlich. Mit Sorge berichten sie weiter, dass viele Dorfbewohner aus Angst davor erschossen zu werden nicht zu ihren Äckern gelangen. Sie haben bereits ihre letzte Ernte verloren und können keine neuen Pflanzen aussäen, was noch eine weitaus größere Nahrungsmittelkrise auslösen wird.

 

Hintergrund der Gewalt und der Existenz bewaffneter Gruppen ist einerseits ein seit etwa 45 Jahren ungeklärter Landkonflikt, in dem es um 900 Hektar Land und die territorialen Grenzen der beiden Regionen Chalchihuitán und Chenalhó geht. Andererseits handelt es sich bei dem betroffenen Gebiet um die Region, in der vor genau 20 Jahren Paramilitärs das Massaker von Acteal begangen. Am 22. Dezember 1997 massakrierten die Täter über mehrere Stunden 45 Angehörige der pazifistischen, zivilen Organisation „Las Abejas“. Sie konnten dabei ungestört vorgehen, obwohl sich Polizei und Militär in unmittelbarer Nähe befanden. Auch in der aktuellen Situation scheint das Militär anwesend zu sein und nicht einzugreifen. Erst vor wenigen Wochen wurden die Letzten noch inhaftierten Haupttäter des damaligen Massakers frei gelassen. Selbst bekennende Mörder wurden nach wenigen Jahren vom Obersten Gerichtshof wegen Verfahrensfehlern freigesprochen. Die Drahtzieher, die nachweislich in den obersten Ebenen der mexikanischen Politik zu verorten sind, wurden niemals zur Rechenschaft gezogen.

 

Heute sind die paramilitärischen Kräfte in der Region so präsent wie lange nicht mehr. Die Situation ist so angespannt, dass es selbst für etablierte, anerkannte zivile Organisationen gefährlich ist, zur Unterstützung und Beobachtung vor Ort zu sein. Aufgrund der Zuspitzung des Konflikts warnt die Menschenrechtsorganisation Serapaz ausdrücklich vor einer Gewalteskalation „schlimmer als in Acteal“.

 

Eilaktion

Es gibt eine Eil-Aktion des Menschenrechtsinstituts „Fray Bartolomé de las Casas“, die unter https://frayba.org.mx/alto-al-fuego-urgen-organizaciones-ante-emergencia-humanitaria/ unterschrieben werden kann (nach ganz unten scrollen).

 

Spenden

Darüber hinaus werden dringend Spenden benötigt. Bisher sind 1300,- bei Partner Südmexikos e.V. eingegangen (Stand: 13.12.).

Partner Südmexikos e.V.
Volksbank Böblingen
IBAN: DE30 6039 0000 0459 3900 07
BIC: GENODES1BBV
Stichwort: Vertreibungen

Quellen: frayba.org.mx, amerika21.de, lajornada.com.mx


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