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Aufruf zu globalen Aktionstagen: 13.-16. Juli 2023

Stoppt den Krieg gegen die zapatistischen Gemeinschaften!

Chiapas ist Mexiko – und in Chiapas konzentrieren sich heutzutage viele der Gewalttaten, die das gesamte Gebiet Mexikos quälen. Der Krieg, der unserem Land von den USA aus aufgezwungen wurde und in dem Felipe Calderón die Aufgabe übernahm, ihn zu verschärfen, erreicht heute ganz Mexiko. Die Grenze verläuft bis hin zum Südosten, und mit ihr der Krieg – ein Krieg, den die aktuelle Regierung nicht gestoppt hat: 153.941 vorsätzliche Tötungen (*1), 42.935 verschwundene, nicht-lokalisierte Menschen (*2) und 69 Journalist*innen (*3) – sowie 94 Verteidiger*innen von Land und Gebiet, von Pueblos originarios und Umwelt (*4), die ermordet wurden in dem fortlaufenden Prozess militarisierter und krimineller Rekolonisierung während der aktuellen Präsidentschaft.

Chiapas ist Mexiko – und wie im gesamten Land, erlebt Chiapas Zeiten der Erpressung, der Schießereien, gewaltsamen Vertreibungen, des sogenannten Frauen- und Migrant*innenhandels, Drogenhandels, der Entführungen, Morde an Verteidiger*innen von Land und Gebiet, Journalist*innen und Feminizide …

Die Tatsachen sind nicht zu verbergen: In Chicomuselo belauern Paramilitärs die Bevölkerung, damit sie aufhört zu opponieren und die Wiedereröffnung einer Baryt-Mine autorisiert. Dort wird gewaltsam vertrieben. In Comalapa erzeugen die Gebietskämpfe zwischen Gruppen des organisierten Verbrechens ebenfalls die gewaltsame Vertreibung von tausenden Menschen. Sehr nahe bei Tuxtla Gutiérrez kippte ein Trailer um, der illegal Migrant*innen transportierte; dabei starben mindestens 56 Menschen, 70 weitere wurden verletzt. In Pantelhó ermordeten Bewaffnete Simon Pedro, Verteidiger der Rechte der indigenen Pueblos und Mitglied der Organización Sociedad Civil Las Abejas de Acteal. In Santa Martha, Landkreis Chenalhó, griffen Bewaffnete zwangsvertriebene Familien an und ermordeten sieben Menschen des Pueblo Tsotsil. In San Cristóbal de las Casas durchlaufen bewaffnete Gruppen die Stadt und zeigen ihr Mobilisierungsvermögen und ihre Waffenpotenz … Diese Aufzählung könnte so fortgesetzt werden, denn jeden Tag werden neue Gewalttaten im Bundesstaat Chiapas erfahren.

Gruppen des organisierten Verbrechens, Drogen-Paramilitärs und andere Paramilitärs operieren vollkommen straffrei auf dem gesamten Gebiet Chiapas‘. Als Antwort darauf schickt die mexikanische Regierung Soldaten und die Guardia Nacional in ein Gebiet, das bereits seit 1994 eine breite Militärpräsenz hat. Diese Remilitarisierung kommt nicht in einer Reduzierung der Gewalttaten und illegalen Geschäfte zum Ausdruck. Im Gegenteil: Die Gruppen des organisierten Verbrechens haben ihre wirtschaftlichen Aktivitäten diversifiziert und ihre Angriffe auf Pueblos und Comunidades intensiviert.

In diesem Kontext haben paramilitärische Gruppen und Gruppen paramilitärischen Zuschnitts, die bereits seit 30 Jahren vollkommen straffrei agieren, ihre kriegsführenden Aktionen gegen die zapatistischen Pueblos verstärkt. Die »Regionale Organisation der Kaffeeanbauer von Ocosingo« (ORCAO), welche mindestens seit dem Jahr 2000 im Dienste von verschiedenen Regierungen, Parteien und herrschenden Gruppen der Region operiert, hat zwischen 2019 und 2023 mehr als 100 Angriffe auf zapatistische Dörfer begangen – Dörfer, die zum Caracol 10 »Das rebellische Saatkorn zum Erblühen bringen«, in Patria Nueva, gehören – mit seinem Rat der Guten Regierung »Neue Morgendämmerung in Widerstand und Rebellion für das Leben und die Menschheit«. Die Angriffe, Aggressionen, Provokationen finden permanent statt und haben sich seit 2019 intensiviert. Die zapatistischen Verantwortlichen [des Rates der Guten Regierung],  Menschenrechtsorganisationen, sowie zumindest drei zivile [Menschenrechts-]Beobachtungsmissionen haben dies dokumentiert und in Berichten und Pressekonferenzen öffentlich bekannt gegeben. Im Anhang dieses Aufrufs teilen wir eine punktuelle Auflistung einiger dieser Angriffe mit.

Aus dem mexikoweiten und internationalem Unterstützungsrahmen der EZLN – Ejército Zapatista de Liberación Nacional sowie des CNI – Congreso Nacional Indígena haben wir am 8. Juni 2023 in Mexiko und weltweit 72 Aktionen umgesetzt (36 in Mexiko, 36 international) – um diese öffentlichen Anklagen sichtbar zu machen und zu fordern, dass der Krieg gegen die zapatistischen Pueblos und der Krieg in Chiapas gestoppt werden. Diese Solidaritätsaktionen setzten sich in verschiedenen Bundesstaaten und Ländern fort. Einige Wochen später kamen die Antworten darauf: Vom 19. Juni bis 22. Juni 2023 griffen Mitglieder der ORCAO erneut und koordiniert drei zapatistische Gemeinden an: Emiliano Zapata, San Isidro und Moisés y Gandhi. Alle drei sind Teil der [zapatistischen autonomen] Region Moisés y Gandhi und liegen im offiziellen Landkreis von Ocosingo in Chiapas. Die Angriffe reichten vom Niederbrennen von Grundstücken bis hinzu heftigen bewaffneten Attacken. Sie dauerten diesmal drei Tage an; es wurden mindestens 800 Schüsse verschiedenen Kalibers gezählt, sowie das Niederbrennen von Land nahe den Häusern der zapatistischen Familien.

Am 23. Juni 2023 hat der mexikanische Präsident – in Begleitung der Sekretärin der Regierung [Innenministerin], des Sekretärs der Landesverteidigung [Verteidigungsminister] und des lokalen Gouverneurs – bei seiner morgendlichen Presse-Konferenz [diesmal] von Chiapas aus die ernste Situation in diesem Bundesstaat sowie die weithin dokumentierten Angriffe auf die zapatistischen Gemeinden heruntergespielt. Auch fuhr er fort mit seinen Diskreditierungen von Organisationen und Personen, die Land und Menschenrechte verteidigen, von Organisationen, die diese und andere Gewalttaten dokumentieren und öffentlich anprangern.

Jene Antworten – die Antwort der ORCAO wie die des mexikanischen Präsidenten – sorgen und alarmieren uns: Die ORCAO setzt ihre bewaffneten Operationen fort und verstärkt sie, während der mexikanische Präsident in seiner Rede die schweren Gewaltaktionen, die offensichtlich zunehmen, verdeckt. Die Leugnung, Minimalisierung und Verzerrung dieser erwiesenen Realität wird zu einem Deckmantel der Straflosigkeit, der die paramilitärischen Gruppen protegiert.

Schlimmer noch, der mexikanische Präsident griff den Diskurs seiner Vorgänger auf, welche signalisiert hatten, diese Konflikte fänden zwischen lokalen Gruppen oder »zwischen Gemeinden« statt – somit jegliche Verantwortung des Staates umgehend und einem Felipe Calderón und dessen beleidigendem »Sie bringen sich gegenseitig um« nacheifernd.

Dieses Panorama bringt uns als organisierte Personen, Pueblos und Gemeinschaften in Mexiko und anderen Teilen der Welt dazu, die Kräfte zu verstärken, um den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos und in Chiapas zu stoppen. Heute bestätigen wir, dass die derzeitige Regierung nicht nur nicht zuhört, sondern ebenso fortfährt, eine verbrecherische, aufstandsbekämpfende Kriegsstrategie zuzulassen und zu unterstützen. Aus diesem Grund rufen wir dazu auf:

  1. Den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos und den allgemeinen Krieg in Chiapas öffentlich anzuprangern, sowie die Verantwortung der Bundesstaatsregierung von Chiapas und der mexikanischen Regierung hervorzuheben.
  2. Informationskampagnen und Solidaritätsaktionen in ganz Mexiko und in anderen Ländern zu entfalten, um über diesen Krieg gegen die zapatistischen Pueblos und den Krieg in Chiapas zu informieren.
  3. Aus der mexikoweiten Koordinierung heraus rufen wir auf zu Globalen Aktionstagen Stoppt den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos. Vom Schrecken des Krieges hin zum Widerstand für das Leben: 13. Juli bis 16. Juli 2023.

Ziel ist es, die Gesellschaft über den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos und den Krieg in Chiapas zu informieren. Diese Aktionstage werden umfassen:

  1. a) Flugblätter verteilen und Infos verbreiten
  2. b) Info-Stände
  3. c) Künstlerische Events
  4. d) Mobilisierungen 

Ebenso werden wir vom 24. bis 28. Juli 2023 ein mexikoweites Forum veranstalten – zu den drei Schwerpunkten: Gewalt, Gerechtigkeit und Frieden.Wir möchten auch mitteilen: Wir werden Arbeiten der Beobachtung und Begleitung auf zapatistischem Gebiet umsetzen – wenn die Situation es zulässt.

Wir rufen dazu auf, jede mögliche Solidarität mit den zapatistischen Pueblos zu entfalten, nicht in Gleichgültigkeit oder individualistische Fluchten zu verfallen – angesichts der Angriffe, die die Pueblos und Comunidades in jenem Bundesstaat tagtäglich erfahren. Chiapas ist Mexiko – und heute, in Mexiko und weltweit, sollten wir erkennen und handeln gegen den Krieg und für einen Frieden mit Gerechtigkeit und Würde.

Espacio de Coordinación Nacional 

Stoppt den Krieg gegen die zapatistischen Pueblos.

(*1) Daten der mexikanischen Regierung

(*2) Daten des Registers verschwundener und nicht-lokalisierter Personen

(*3) Daten der mexikanischen Regierung

(*4) Memorial der ermordeten Verteidiger*innen (Memorial des HRD)


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