Delegierte der EZLN betreten europäisches Festland in Spanien
Es ist 18 Uhr als aus der Ferne ein kleines Motorboot auf den Leuchtturm von Vigo zu fährt. Entlang des Kais und auf den nahegelegenen Stränden tummeln sich hunderte von Menschen. Eine Band spielt traditionelle galizische Musik. Nach 50 Tagen auf hoher See landet die maritime Delegation der Zapatistas in Spanien, und das Kapitel Europa der „Reise für das Leben“ beginnt.
In einem festlichen Akt begrüßen sieben Personen aus Galizien und sieben Internationalist:innen stellvertretend für hunderte Kollektive aus ganz Europa die Delegierten der EZLN. Gemeinsam geht es dann in einem Festumzug mit feministischer Sambaband und lilafarbenen Bengalos die Küste entlang zum Strand von Carril, wo die offizielle Begrüßungszeremonie abgehalten wird. Etwa 500 Menschen aus ganz Europa und weit darüber hinaus sind gekommen, um diesen historischen Moment mit zu erleben.
Geschichtsträchtig sind Ort und Zeitpunkt allemal. 500 Jahre ist es her, dass die spanischen Kolonisatoren von Vigo nach Mexiko aufbrachen. Doch wie sie in der Ankündigung ihrer Reise erklärten, wurden sie niemals erobert, sondern lediglich unterdrückt. „Höchste Zeit also die Geschichte umzuschreiben“, sagt die Aktivistin Mia Sorgis aus Frankfurt und berichtet weiter „Diese ganze Reise ist eine Umkehr der Kolonisierung, sie kommen nicht um uns zu erobern, sondern um zu suchen, was uns zu Gleichen macht.“
Aus Deutschland sprechen bei der Begrüßungszeremonie ein:e nichtbinäre Aktivist:in aus dem Widerstand im Hambi und Anna Müller vom Ya Basta Netz. Mit den Worten „Wir weben Netze des Feminismus, des Antifaschismus, des Antikapitalismus und des Internationalismus. 500 Jahre sind genug, Willkommen im anderen Europa.“ begrüßen sie die sieben indigenen Vertreter:innen der Zapatistas.
Vom Strand geht es hoch auf die Wiese mit festlich geschmückter Bühne. Hier dürfen als erstes Kapitän und Crew der Stahlratte sprechen. Ein Mitglied der Besatzung sagt „Mir fehlen gerade die Worte, daher bleibt mir nur ein wenig zu weinen. Das sind sehr gute Leute.“ Kurz darauf werden sie verabschiedet.
Marijosé als nichtbinäre Vertreter:in der Zapatistas steht auf. Das Mikrofon wird ihr überreicht. Die Spannung steigt. Das Publikum applaudiert begeistert. Marijosé setzt an:
„Im Namen der zapatistischen Frauen, Kinder, Männer, Alten – und natürlich Andersgeschlechtlichen erkläre ich, dass der Name dessen, was heute als Europa bekannt ist fortan S‘LUMIL K‘AJXEMK‘OP sein wird. Das bedeutet nichtunterworfenes Land oder Land, welches sich nicht beugt. Und so wird es für Einheimische und Fremde bekannt sein, so lange es hier Menschen gibt, die sich nicht ergeben und nicht verkaufen. “
Nach Marijosé sprachen die weiteren Mitglieder der maritimen Delegation, zunächst die vier Frauen Lupita, Carolina, Ximena und Yuli. Es folgten die beiden Männer Bernal und Felipe und zuletzt noch einmal Marijosé als Otroa (Selb stbezeichnung nicht-binärer Zapatistas). Sie erklärten unter Anderem, dass sie Stolz seien von ihren Dörfern und Gemeinschaften ausgewählt worden zu sein, um die EZLN in Europa zu vertreten und betonten, sie seine alle 100% Zapatistas. Sie wären die erste Delegation aber nach ihnen würden viele weitere Folgen.
Es folgten zahlreiche Beiträge von Aktivist:innen aus Europa und anderen Teilen der Welt, in denen Kämpfe vorgestellt wurden und auch Raum für Kritik an der Vorbereitung Ausdruck fand. Denn im Verlauf der Vorbereitungen waren einige marginalisierte Personen ausgetreten, die sich nicht gehört und respektiert fühlten.
Um die Verbundenheit der Kämpfe zu verdeutlichen sprachen auch galizische Aktivist:innen von ihrer Unterdrückungserfahrung durch den spanischen Staat. Ebenso wurde den Zapatistas ein Korb mit Kräutern aus den Bergen Galiziens dargeboten.
In den kommenden Tagen werden die zapatistischen Delegierten gemeinsam mit Vertreter:innen aus ganz S‘lumil K’ajxemk‘op die Reise für das Leben durch 30 Länder und Territorien ausarbeiten. Die Invasion fürs Leben hat gerade erst begonnen.
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